Interview mit weloveillustration: Webcomic Indigo:

Eine originelle Mixtur aus Bollywood und Manga

 

Indigo ist ein Webcomic von Lisa Rau, die hier, wie sie sagt, das beste aus zwei Welten zusammen bringt. Nämlich Bollywood Filmen und Manga.

Hier findest du ein Interview mit Lisa…

Link zum Original-Interview: https://weloveillustration.com/webcomic-indigo/

 

Worum geht in deinem Comic ganz kurz zusammen gefasst?

„Indigo“ ist ein Fantasy-Webcomic, den ich aktuell wöchentlich auf tapas.io update.

(Hier kannst du den Comic kostenlos lesen: https://tapas.io/series/Magical-Girl-Indigo/info)

Indigo ist eine Schülerin, die gerade versucht, sich selbst und ihren Platz in der Welt zu finden. Als unerwartet der König stirbt und sein Sohn den Thron besteigt, entpuppt sich dieser sehr schnell als herzloser Tyrann.

Indigo und ihre Freundinnen Lynn und Shanti fühlen sich diesen Entwicklungen hilflos ausgesetzt. Bis sie einen Flaschengeist befreien, der ihnen magische Kräfte anbietet, wenn sie ihm helfen, den Prinzen und seine Handlanger zu stoppen. Indigo erhält dadurch Zugang zu ihrem dritten Auge. Doch auch der Prinz verfügt über dunkle, übersinnliche Kräfte.

Die Geschichte habe ich in einer Fantasywelt angesiedelt. Das Setting ist jedoch an Indien angelehnt und könnte vom technischen Stand her vielleicht in 80/90ern spielen.

In der Handlung werden Themen wie Familie, Freundschaft, Aktivismus und Feminismus verarbeitet. Ich versuche eine Mischung aus Fantasy, Action und Humor zu finden, aber auch Drama und eine Prise Romantik werden vorkommen. Also: eine bunte Mischung, wie in einem Masala Film (indische Filme, die möglichst viele Genres vermischen), haha!

Momentan zeichne und veröffentliche ich das erste Kapitel online. Aber die Gesamtstory ist schon aufgeschrieben und auf sechs Kapitel angelegt. Irgendwann wird der Comic auch gedruckt erscheinen. Da überlege ich noch, ob ich die einzelnen Kapitel als Hefte abdrucken soll und am Ende eine Sammelausgabe mache.

 

Gab es etwas, das dich für deinen Comic inspiriert hat?

Sailor Moon hat mich in den frühen 2000ern dazu gebracht, sehr viel zu zeichnen und nach und nach eigene Charaktere und Geschichten zu entwickeln. Eine Weile habe ich mich sehr von diesem Ursprung entfernt und andere Genres erkundet, aber dann kam irgendwann doch die Nostalgie wieder hoch, so dass ich Lust bekam, eine Art Hommage zu machen.

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Insofern ist Indigo ein recht klassischer Magical Girl Manga. Das hier sagt Wikipedia zum Magical Girl Genre:

„Ein Magical Girl ist ein jugendlicher, weiblicher Charakter, der durch einen speziellen Gegenstand übernatürliche Kräfte erlangt und dessen Schicksal es ist, gegen dunkle Mächte zu kämpfen. Daneben hat die Figur häufig kleinere Charakterschwächen und alltägliche Probleme, mit denen sie neben der Haupthandlung zu kämpfen hat.

Typisch für Magical-Girl sind sich wiederholende Verwandlungssequenzen sowie das Spiel mit den sich daraus ergebenden mehreren Identitäten. Dazu erhält die Hauptfigur meist Unterstützung in Form eines kleinen übernatürlichen Wesens.“

Der zweite Haupteinfluss sind Bollywood-Filme (oder auch Hindi Filme). Als ich ca. 2007 zum ersten Mal einen Bollywood-Film geguckt habe, war ich entgeistert. Die Emotionen und das Drama kamen mir viel zu übertrieben und kitschig vor. Doch die Opulenz der Kostüme und Sets und die sprudelnde Energie in den Tänzen und Songs faszinierten mich sehr. Irgendwie ließ es mich nicht los und ich beschäftigte mich immer mehr damit. Daher begann ich auch in meinem Studiennebenfach der Theater-,Film- und Fernsehwissenschaften die Materie ausführlicher zu untersuchen und die Hintergründe besser zu verstehen.

Mit Hollywood und amerikanischer Popkultur ist man aufgewachsen. Dagegen war es hier, so wie bei Manga und der japanischen Kultur, für mich sehr spannend, eine andere Kultur und deren positiven und negativen Seite, die Errungenschaften und Konflikte, zu entdecken und zu verstehen zu versuchen. 2012 habe ich eine Rundreise durch Nordindien und Nepal unternommen und dort viel Fotomaterial gesammelt, was ich für die Hintergründe in Indigo verwende.

So wie Bollywoodfilme sehr selbstreferenziell sein können, möchte ich auch in meinem Comic augenzwinkernd viele Anspielungen auf Bollywood unterbringen.

Als mich das erste Mal die Idee überfiel, Manga und Bollywood zu überkreuzen, dachte ich, das ist genial, weil ich das noch nirgendwo gesehen habe. Ich denke immer noch, dass dieses Crossover viel Potenzial hat. Manga und Bollywood haben schon gewisse Gemeinsamkeiten: Diese Übersteigerung und Hochstilisierung, extreme Emotionen und bildgewaltige Gestaltung.

Es fällt  mir manchmal schwer, mich nicht zu rechtfertigen, aber ich weiß, dass ich hier oberflächlich gesehen den ultimativen Kitsch verbinde. Und ich möchte dann sagen: „Aber wartet ab, ich mache es auf eine sehr geschmackvolle Art und Weise!“ Aber darüber müssen dann letztendlich wohl die Leser urteilen.

 

Für wen ist dein Comic in erster Linie gedacht?

Als Autor*in will man ja möglichst viele Menschen erreichen, deswegen möchte ich das gar nicht zu sehr einschränken. Ich bin mir aber sicher, dass vor allem junge Frauen, die das Magical Girl Genre und/oder orientalische Settings mögen, auf das Werk anspringen werden.

Stand dir noch jemand für die Konzeption als Sparringspartner zur Seite?

In der Anfangszeit habe ich die Idee mit meiner Freundin Caro entwickelt, das hat viel Spaß gemacht. Aber sie hatte nicht genug Zeit, um sich weiterhin so intensiv um das Projekt zu kümmern.

In der letzten Konzeptphase von der Gesamt-Outline und Kapitel 1 habe ich mir Feedback von Kolleg*innen aus der Manga-Szene geholt. Insbesondere Vivian Mittag, Christian Allmann, David Füleki, Asja Wiegand und Lew Bridcoe haben mir viel hilfreiche Kritik gegeben!

 

Kannst du kurz den Weg skizzieren von der ersten Idee bis zum tatsächlichen Comic?

2008 müsste die Idee das erste Mal aufgetaucht sein. Damals hatten Caro und ich den Plan, eine 10-seitige Geschichte für einen Wettbewerb zu zeichnen.

Schon bald wurde klar, dass wir mehr daraus machen wollen. Ich erinnere mich, dass ich 2009 während meines Auslandssemesters in London in der Küche des Wohnheims saß und an den Seiten skizziert habe.

Zu der Zeit gab es ein Manga-Magazin namens Daisuki in Deutschland. Ich fand, dass Indigo gut dort reingepasst hätte und wollte mich bewerben, doch durch Studium etc. hatte ich zu viel anderes zu tun und 2012 wurde das Magazin eingestellt.

Irgendwie machte ich dann viele andere Selfpublishing-Titel und schob Indigo immer weiter nach hinten. Aber die letzten 1,5 Jahre habe ich mich zusammen gerissen und mir geschworen, mich nicht mehr ablenken zu lassen, und zielstrebiger an der Umsetzung zu arbeiten. September 2020 habe ich dann endlich die Online-Veröffentlichung gestartet und veröffentliche seitdem jeden Freitag eine neue Seite.

Manchmal frage ich mich, warum es so wahnsinnig lange gedauert hat, an den Punkt von heute zu kommen. Andere Leute sind viel schneller darin, ihre Comic-Serien zu launchen. Aber die Story zu überarbeiten, an den Character Designs zu feilen, etc. hat mir unglaublich viel Konzentration und Zeit abverlangt. Immer wieder hatte ich das Gefühl, ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Natürlich spielt es auch eine Rolle, dass man nach so langer Vorbereitungszeit viel Druck aufbaut. Ich hatte über die Jahre schon vielen Leuten von dem Projekt erzählt und hatte Sorge, dass ich die geschürten Erwartungen nicht erfüllen kann. Daher habe ich immer wieder hinterfragt, ist das wirklich gut, was ich bisher erarbeitet habe? Was möchte ich eigentlich aussagen? Kann ich den Comic wirklich so zauberhaft und ästhetisch umsetzen, wie ich mir das vorstelle?

Aber ich habe mich auch viel mit der Perfektionismus-Falle beschäftigt und wollte da auf keinen Fall reinfallen. Tatsächlich habe ich bis heute nicht alle Character Sheets fertig getuscht… Aber egal, der Comic läuft und ich bin immer noch hoch motiviert, ihn auch zu Ende zu bringen!

Es ist ein Projekt mit so opulenten visuellen Möglichkeiten, dass es mir sicher nicht langweilig wird. Das Projekt bedeutet für mich einfach Spaß pur.

 

Wie arbeitest du? Mit welchen Materialien oder welchem Arbeitswerkzeug?

Das erste Kapitel habe ich mit Bleistift skizziert und mit Feder und Pilot Tusche getuscht. Für die Hintergründe arbeite ich viel mit Fotoreferenzen und teilweise auch mit 3D-Modellen. Aber es ist letztendlich alles handgezeichnet.

Die Farben mache ich rein digital mit Photoshop, arbeite aber hierbei viel mit eingescannten Aquarelltexturen.

Das habe ich schon bei mehreren Projekten so gemacht. Natürlich sieht es nicht komplett originalgetreu nach Aquarell aus, aber ich habe mehr Möglichkeiten herumzuspielen und bin flexibler.

Es kann jedoch sein, dass ich meine Arbeitstechnik im Laufe des Projekts noch ändere. Irgendwie bin ich schon fasziniert davon, was andere Leute mit digitalen Linearts anstellen. Obwohl ich nach wie vor total die Haptik beim Arbeiten mit analogen Materialien schätze.

Ich will auch den Großteil der Einzelillustrationen (Kapitelcover etc.) für das Projekt komplett analog mit Aquarell malen.

 

Wie lang arbeitest du an einer Seite deines Comics?

Das ist extrem unterschiedlich und vor allem von den Hintergründen auf der abhängig.

Es ist außerdem schwer zu sagen, da ich immer stapelweise arbeite. Ich habe eine Skizzierphase, wo ich mehrere Seiten am Stück skizziere. Dabei wechsle ich auch teilweise zwischen den Seiten hin und her. Das Gleiche passiert dann in einer Tuschephase. Bis ich mehrere Seiten (z.B. 4 Stück) einscanne und koloriere.

Grob geschätzt, vermute ich, dass ich 6-8 Stunden pro Seite brauche.

Und dein Comic ist kostenlos verfügbar?

Ja, aktuell veröffentliche ich den Comic kostenlos auf tapas.io

Aber natürlich hoffe ich, langfristig auch etwas damit verdienen zu können, denn es steckt verdammt viel Arbeit in diesem Projekt.

Daher habe ich Accounts bei Ko-Fi und Patreon eingerichtet, über die mich Leser*innen freiwillig unterstützen können.

Außerdem werde ich irgendwann eine Print-Version und Merchandise veröffentlichen, um weitere Einnahmen zu generieren.

 

Was hast du für dich gelernt oder wie bist du weiter gekommen durch die Arbeit an dem Projekt?

Ich habe mal wieder gelernt: Comiczeichnen, wenn man es gut machen möchte, ist hart!

Ich habe sehr, sehr lange überlegt, wie der Stil des Projekts aussehen soll. Man hat ja schon die Wunschvorstellung, dass das ganze Werk am Ende wie aus einem Guss wirkt. Sowie optische als auch erzählerisch. Doch mir war auch früh klar, dass ich langsam bin und lange dran sitzen werde. Um mir den Druck zu nehmen, habe ich mir erlaubt, nicht zu krampfhaft beim Anfangsstil zu bleiben. Wenn sich etwas von alleine entwickelt, dann werde ich versuchen, das aufzunehmen und zu nutzen.

Ich bin sehr gespannt, wo ich am Ende stehen werde – jedenfalls hoffe ich, dass ich alle 6 Kapitel durchhalte  - und wie ich mich bis dahin entwickelt habe.



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